Blitzlicht gegen Prostitution

Blitzlicht gegen Prostitution


Was früher schamvoll hinter Alleebäumen und unter Brücken an Ausfallstraßen praktiziert wurde, ist heute zu vorgerückter Stunde in allen größeren Städten Italiens Gang und Gäbe: Straßenprostitution, in Bologna zum Beispiel am Altstadtring, in Mailand sogar in einigen Stadtvierteln mit bürgerlicher Anwohnerschaft. Die dortigen Beschwerden haben jetzt die Mailänder Stadtväter zu einer wahren Nacht- und Nebelaktion bewegt. Die Mehrheit der Lega Nord hat einen Antrag verabschiedet, der für helle Aufregung auf dem Straßenstrich sorgen dürfte.


 Polizeifotos von Freiern, die ähnlich dem Foto aus der Radarfalle nach Hause geschickt werden, mit unabsehbaren Folgen für den Frieden am heimischen Herd. Mit steigender Nachfrage haben sich die Anwohner zunehmend belästigt gefühlt. Den Kopf zerbrach man sich im Stadtrat, wie man wohl gegen den nächtlichen Liebeshandel vorgehen könnte. Das Anbieten, das Anhalten und das Verhandeln über intime Dienste ist ans sich nicht verboten, das Einführen eines generellen Halteverbots in den betroffenen Straßen ist auch nicht möglich, weil ja dann auch die Anwohner nicht mehr vor ihrem eigenen Haus parken dürfen. Also verfiel man auf die Idee, die Städtischen Polizisten einzusetzen, um mit Blitz und Fotoapparat vor allem den Freiern die Lust zu vermiesen, die in zweiter Reihe halten.


Die Angst vorm Ertapptwerden, vor allem vor der erzürnten Ehefrau, wenn die der besseren Hälfte auf die Spur beim Seitensprung kommt, wird das Geschäft auf dem Bürgersteig zum Erliegen bringen, so das Kalkül der braven Stadtväter. Ein überaus zweifelhaftes Unterfangen, nach Meinung von Rechtsexperten. Die Polizisten werden vermutlich ihre Kompetenzen überschreiten, die Stadt unzulässige Eingriffe in die Privatsphäre ihrer Bürger vornehmen, will man sich wirklich der Blitzlichtkampagne bedienen. Schon wird Unlust bei den Ordnungshütern signalisiert. „Wir haben nicht mal genügend Fotoapparate, um bei allen Unfällen unsere Bilder zu machen.


 Und jetzt sollen wir uns nächstens auch noch im Gebüsch verstecken und munter drauflosknipsen,“ fragt ein Stadtpolizist halb scherzhaft. Und ein anderer meint. „Wenn wir jetzt schon die fotografieren, die in zweiter Reihe halten, was machen wir mit jenen Autofahrern, die die Straßenbahnschienen blockieren? Auf Plakate drucken und überall in der Stadt aufhängen?“ Kenner der Szene sind sich einig, dass die Prostitution sich mit Fotoapparaten nicht bekämpfen lässt. Um das Übel an der Wurzel zu packen müsste ein Gesetz aus dem Jahr 1958 revidiert werden, das die Prostitution generell als unmoralisch verdammte, worauf die Bordelle, die es bis dahin gab, geschlossen wurden. Weil aber der Markt für käufliche Liebe nie zum Erliegen kommt, hat er sich überall auf den Straßen breitgemacht.


Mit der Folge, dass er inzwischen völlig außer Kontrolle und in die Hände von kriminellen Organisationen geraten ist. Der Sex-Prohibitionismus hat das Interesse am ältesten Gewerbe der Welt sogar eher noch gesteigert.

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